Gut genug statt perfekt

Perfektion gehört den Göttern. Wir können höchstens etwas Ausgezeichnetes erhoffen"

C.G. Jung

“Dir passiert sowas auch? Ich dachte, du bist nahezu perfekt, wenn es um Atmung, Bewegung und Entspannung geht.”

Wumms!!!!

Die spontane Reaktion einer Kundin, als ich ihr erzähle, warum ich gerade keinen Termin anbiete, überrascht mich nicht. Schließlich arbeite ich seit über 30 Jahren als Trainerin und Coach, begleite Menschen durch ihre Themen, rede gerne über gesunde Lebensgestaltung, tolle Körperintelligenz und, und, und…

Und ja, ich habe viel gelernt, viel erfahren und auch viel integriert.
Und ich bin – bei allem Wissen und meiner Praxis – immer noch ein Mensch.

Vor kurzem hat mich mein eigener Körper wieder daran erinnert, ausgerechnet in Kärnten, bei meiner Gesundheitswoche im Ronacher. Mit Spannungen, die plötzlich morgens da waren, ganz radikal. Ich musste absagen, nachhause fahren, konnte kaum klar denken. Es hat eine Woche gedauert, bis ich wieder einigermaßen bei mir war. Früher hatte ich häufig Migräne und jetzt tauchen langsam wieder ähnliche Phänomene auf, aber so schlimm war es lange nicht mehr.

Was ich dann tue? Ich werde sehr still und sehr ehrlich mit mir. Denn wenn mein Körper in solch massiver Form reagiert, dann sagt er mir: Es stimmt etwas nicht. Etwas will gesehen werden. Hör zu, spür hin!

Ich weiß, dass ich irgendwo über meine Grenzen gehe. Dass ich denke, ich müsse engagiert und wirkungsvoll sein, richtig gute Arbeit leisten. Aber dieses "Gut" ist manchmal zu viel, zu streng, perfektionistisch - es entspricht nicht meiner eigentlichen Art, meinem eigentlichen Wesen. Und mein Körper weiß das. Er reagiert sehr klar, wenn ich versuche, etwas zu unterdrücken. Wenn ich zu sehr funktioniere und mich selbst dabei verliere.

Und ich? Ich habe seine zarten Vorzeichen überhört und gewartet, bis er sehr deutlich wurde.

Deshalb schreibe ich heute hier. Weil ich sagen möchte, dass ich absolut menschlich bin und weil ich glaube, dass Heilung immer dann geschieht, wenn wir uns authentisch zeigen. Und ja, ich gehöre wohl auch zu den Menschen, die lehren, was sie selbst brauchen. Das hat übrigens echte Vorteile, denn ich muss mir nur selbst gut zuhören.

Ich weiß noch nicht genau, wie mein Lösungs-Weg weitergeht. Aber ich habe ein klares Commitment: mehr Integrität leben, radikal echt sein und zuerst auf mich schauen. Nicht aus Egoismus, sondern aus voller Verantwortung mir selbst gegenüber.

Das wird Veränderungen mit sich bringen – beruflich wie persönlich. Ich weiß noch nicht genau welche und ich bin bereit, sie willkommen zu heißen.

"Und jetzt, da du nicht perfekt sein musst, kannst du gut sein."

John Steinbeck - Jenseits von Eden

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